XHTML SVG CSS PHP

Dr. O. Hoffmann

Projekt-Layout als Spiel

Im Spiel verraten wir,
wes Geistes Kind wir sind.
Ovid

2004-09-07, 2005-01-07, 2008-09-21

Philosophisch betrachtet können wir das Layout von internet-Projekten als ein komplexes Spiel ansehen. Dieses Spiel findet gleichzeitig auf mehreren klar definierten Spielfeldern statt. Für die meisten Spielfelder gibt es klar definierte Spielregeln. Diese Spielfelder sind XHTML, CSS und PHP (oder die jeweils verwendete server-seitige Skript-Sprache zur Erstellung des Projektes).

Der Reiz des gleichzeitigen Spieles auf diesen Spielfeldern liegt darin, innerhalb der Regeln kreativ zu sein. Einige Gegenspieler sind dabei die eigene Dummheit, Unwissenheit und bei manchem auch vielleicht die Faulheit, diese zu überwinden. Der Sieg über diese Gegenspieler ist immer wieder Anreiz und Befriedigung.
Mitspieler auf der eigenen Seite sind dabei Intelligenz, schnelle Auffassungsgabe, intuitives Verständnis bis zu intimen Kenntnissen der Spielregeln, die für XHTML und CSS durch die Standards von W3C genau vorgegeben sind, im Falle von PHP durch die jeweils auf dem server verwendete Version.

Weitere Spielfelder mit weniger genau festgelegten Regeln ist der eigentliche Inhalt des Projektes, dessen Strukturierung und Zugänglichkeit. Für letztere beide gibt es immerhin Sammlungen allgemeiner Weisheiten statt starrer Regeln. Wie beim Inhalt auch wird nun das Auffassungsvermögen, die Akzeptanz und das Interesse der späteren Nutzer des Projektes zu Gegen- oder Mitspielern. Der Gewinn kann nur ein gemeinschaftlicher sein, wenn es gelingt, diesen Nutzern den Inhalt effektiv zu vermitteln. Dabei hilft natürlich auch das fachgerecht ausgeführte ergonomische Layout, die technische Umsetzung des Projektes. Oder ein schlechtes Layout, eine fehlerhafte Umsetzung behindert die effektive Vermittlung des Inhaltes. Die Niederlage liegt in der Regel wieder allein beim Autor des Projektes, wenn es ihm nicht gelingt, den Inhalt dem Nutzer näher zu bringen oder er diesen durch unzugängliche Strukturierung oder Technik der Seite am Zugang zum Inhalt hindert. Der Verlust kann beim Nutzer dann zwar ungleich höher sein, allerdings wird er dieses niemals wissen.

Betrachten wir einmal einige technische Mitspieler: Der PHP-parser ist ein dem Autor sehr freundlich gesonnener Mitspieler, er nimmt ihm nicht nur viel Arbeit ab. Durch die phpinfo gibt er nicht nur seine genaue Programmversion preis, sondern auch die verfügbaren Module und viele andere seiner Schatzwörter. Aber er tut noch viel mehr, er hilft dem Autor mit Fehlermeldungen, Warnungen und Notizen bei groben Schnitzern. Zwar kann der Autor so immer noch ungeschickt programmieren, aber zumindest keinen groben Unfug. Damit wird PHP an sich zu einem sehr einfachen Spielfeld.
Deutlich unübersichtlicher ist das Spielfeld CSS und deutlich schwieriger für die meisten Autoren erweist sich XHTML, weil sie es inhaltlich unterschätzen. Unter den Darstellungsprogrammen, auch browser genannt, gibt es einige weniger freundliche Mitspieler. Relativ unproblematisch sind jene, die CSS komplett ignorieren, da können sie auch nichts falsch machen. Die meisten aktuellen Darstellungsprogramme unterstützen CSS nicht vollständig. Diese Lücken sind ehrliche Gegner des Autors - je besser er sie kennt, umso besser für ihn und seine späteren Leser. Es gibt aber auch bösartige Darstellungsprogramme, die CSS falsch interpretieren oder kleinere Schlampereien des Autors gnadenlos ausnutzen, um Unfug anzuzeigen, statt sich an den Standard zu halten.
Zum Glück für den Autor wird immerhin XHTML praktisch vollständig interpretiert - gut jedenfalls was Layout direkt im Anzeigebereich betrifft, bei anderen Bereichen oder auch bei HTML gibt es da durchgehend grobe Lücken, die einem Autor allerdings zum Glück erst auffallen und stören werden, wenn er diesen unbekannten Bereich von (X)HTML in der Spezifikation entdeckt.
Jedenfalls kann sich der Autor diese Darstellungsprogramme besorgen und ihr Verhalten testen. Leider sind die meisten Darstellungsprogramme nicht so freundlich, ihm dabei Fehler und Ungeschicklichkeiten genau zu nennen, zumeist versuchen sie im Gegenteil eher, sie zu vertuschen. Bei XHTML werden immerhin grobe Strukturfehler angezeigt, die bei HTML ebenfalls vertuscht werden. Darstellungsprogramme kümmern sich auch nicht darum, ob XHTML-Elemente gemäß ihrer Funktion eingesetzt werden oder nicht, so oder so sind sie zu dumm, um dies überhaupt zu beurteilen. Das macht das Spiel für den Autor schwieriger, er bekommt keine hilfreichen Tips, wie er XHTML und CSS fachgerecht nutzt.
Noch ärger sieht die Situation auf den Inhalt bezogen aus. Der eigentliche Gegner ist hier die beschränkte Fähigkeit des Autors selbst, strukturiert und ausgezeichnet zu denken und zu schreiben - aber das ist nicht mehr Gegenstand des Layouts.

Viele Autoren von internet-Projekten haben heute leider immer noch ein anderes, sehr einfaches und falsches Spielfeld vor Augen und haben daher eine recht naive Herangehensweise an solche Projekte. Bei ihnen definiert sich der Inhalt lediglich als Element, welches auf einer fest vorgegebenen Fläche irgendwie dekorativ anzuordnen ist. Diese Autoren nennen sich gern webdesigner.
Ihre Layout-Methode wird gern als Litfaßsäulen-Design bezeichnet und hat nichts mit dem eigentlichen Layout von internet-Projekten zu tun, welches ein wesentlich komplexeres Spiel mit zahlreichen Regeln ist.

Bei Werbung auf Litfaßsäulen, Zeitungsseiten, Werbeplakaten funktioniert das einfache Design-Spielchen sehr gut - es kommt ohnehin nur auf den Werbeeffekt und nicht auf den Inhalt an, die Abmessungen der Werbefläche sind normiert, genau vorgegeben, was im Grunde dort auch die einzigen festen Regeln sind, die der Kreative kennen muß. Dem späteren Nutzer ist das Produkt des Schaffens unmittelbar und ohne technische Hilfsmittel zugänglich. Das Produkt ist zudem für jeden identisch, einmal abgesehen von Blinden oder Sehbehinderten, denen die Litfaßsäule nur als Hindernis im Weg steht, das eigentliche Design aber nicht zugänglich ist, sondern nur der Träger des Designs - die Säule.

Diese Strategie auf internet-Projekte zu übertragen, funktioniert nur bei den Blinden genauso: Sie bleiben in der Regel von den Resultaten und gegebenenfalls vorhandenem Inhalt ausgesperrt. Ansonsten gibt es keine Gemeinsamkeit. Das Projekt ist dem späteren Nutzer nicht unmittelbar zugänglich. Er nutzt irgendein Darstellungsprogramm, welches dem Autor nicht einmal bekannt sein muß. Auch die Fähigkeiten des Programmes zur Darstellung von XHTML und CSS mögen begrenzt oder fehlerhaft sein - damit haben wir in dem Spiel auch noch jene oben bereits beschriebenen Gegenspieler, die falsch spielen. Der Autor muß ihnen immer auf die Finger gucken, um nicht um die Früchte seiner Arbeit betrogen zu werden.

Anders als beim Litfaßsäulen-Design ist es mit nur geringem Mehraufwand, der zudem letztlich allen Nutzern zugute kommt, sehr einfach, die Informationen wirklich jedem, auch Blinden zugänglich zu machen. Der Projektautor kann strukturieren, ergonomische und alternative Darstellungen des Inhalts anbieten, um verschiedenen Geschmäckern und Möglichkeiten entgegenzukommen.

Der Autor hat die Chance auf ein wahrhaft großes Spiel, dessen Grenzen mit viel Spielerfahrung vielleicht ausgelotet werden können. Diese werden jedoch eher als Stützen und Hilfen statt als Einengung der Kreativität erscheinen.