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Dr. O. Hoffmann

Layout von internet-Projekten

Viele fühlen sich berufen, doch nur wenige sind befähigt - das Erstellen von internet-Projekten ist ein typisches Beispiel für diese Basiswahrheit kreativen Schaffens. Sei es aus Größenwahn, Selbstüberschätzung, Langeweile oder schlicht zum bloßen Broterwerb, gerade bei diesem Medium scheint es besonders verlockend zu sein, trotz fehlender Sachkenntnis, der gesamten Welt die Produkte seines Schaffens oder auch der eigenen Inkompetenz ohne weiteres Nachdenken zu präsentieren, zumal es im internet so einfach und schnell geht, dieses zu tun.
Auf der anderen Seite wäre es gerade bei einer Sprache wie (X)HTML recht einfach, sich das fehlende Wissen recht schnell anzueignen. Und die fachgerechte Erstellung von Inhalten mit semantisch reichhaltigen Auszeichnungssprachen ist nun einmal der wesentliche Kern der Vermittlung von Information mit digitalen Medien. Es steht immer dieser Inhalt im Mittelpunkt, nicht etwa das Layout oder das Design. Trotzdem gibt es sehr viele, auch angeblich professionelle Anbieter, die den eigentlichen Inhalt dem Layout oder Design unterordnen, insbesondere indem sie Fertigskripte und Baukästen oft recht mangelhafter Qualität verwenden, um Inhalte auf die Möglichkeiten dieser Konstruktionen einzuschränken - und das ist kein Layout oder Design für digital vermittelte Information, das ist einfach nur Blödsinn, wenn der Inhalt dem Layout oder Design folgt und nicht umgedreht.

Während die fachgerechte semantische Aufbereitung und Auszeichnung digitaler Information zwar technisch recht einfach zu erlernen ist, stellt dieser Aspekt von internet-Projekten also primär eine intellektuelle Herausforderung dar, weil dafür der eigentliche Inhalt verstanden werden muß.
Layout und Design sind dafür technisch anspruchsvoller, es gibt dafür an sich keinen Inhalt, den man verstehen müßte. Neben dem reinen Beherrschen der Technik, einer Sprache wie CSS, kommt hier aber ähnlich wie bei der Erstellung des eigentlichen Inhaltes eines Projektes Kreativität in Kombination mit Fachwissen zum Einsatz. Um insbesondere spezielle visuelle Effekte bei einer graphischen Präsentation zu realisieren, ist es dabei notwendig, sich zu erarbeiten, wie man Strukturen von CSS geeignet kombiniert, was man einer Spezifikation der Sprache allein nicht entnehmen kann, wie man dies etwa bei der semantischen Auszeichnung von Inhalt tun kann. Das notwendige Wissen, um brauchbare, ergonomische Layouts zu erstellen, geht also über die Kenntnis von Spezifikationen hinaus. Nach der kompetenten Erstellung der Inhalte ist das Layout oder Design ein möglicher, technisch davon weitgehend abgekoppelter, aber trotzdem von der Struktur her zwangsläufig abhängiger kreativer Akt, der nicht zu unterschätzen ist, insbesondere dann, wenn sich Layout oder Design eindeutig auf den Inhalt beziehen sollen oder den Zugang zu diesem ergonomisch unterstützen sollen.

Nun würde ich mich nicht gerade zu den Lichtgestalten oder den Avantgardisten des Designs von internet-Seiten zählen, da ich erst Ende 2002 begonnen habe, mich ernsthaft mit CSS zu beschäftigen.
Um so erstaunter wurde ich dann mit der Zeit, als ich feststellen mußte, daß offenbar die meisten anderen Ersteller von internet-Seiten, die sich auch selbst gern mal webdesigner nennen, noch im letzten Jahrtausend steckengeblieben sind. Es gibt immer noch haufenweise Tabellenlayout und pixelbasiertes oder Litfaßsäulendesign, ja sogar noch Menschen, die mit macromedia flash, java und java-script Menüs erstellen - alles schlechte und längst überholte Notlösungen für Probleme, die es heute eigentlich gar nicht mehr gibt. Dazu findet man allerdings auch haufenweise Leute, die reine Markierungssuppe als Inhalt erstellen und diese dann erst mit CSS oder java-script so anordnen und präsentieren, daß dies irgendeinen verständlichen Sinn oder gar eine Funktion ergibt.

Kann es möglich sein, daß es wirklich soviel Ignoranz auf der Welt gibt? Ja, das ist täglich wieder zu erkennen. Vielleicht wird es bei diesen internet-Projekten deutlich wie kaum sonst wo, wie begrenzt oft die Möglichkeiten unserer Mitmenschen sind, wie klein ihre Lernfähigkeit, ihr Abstraktionsvermögen.
Deutlich zu erkennen ist auch eine dabei verpaßte Chance im Zeitalter digitaler Medien: Im Grunde ist die semantische Textauszeichnung die nächste große Revolution im Medienbereich nach dem Buchdruck von Gutenberg. Wenn sie allerdings nicht genutzt wird, ist man mit digitalen Medien nicht viel weiter als mit einem gedruckten Buch oder einer analogen Videokassette oder einer Schallplatte, weil man die Möglichkeiten der digitalen Aufbereitung, der Mehrschichtigkeit der digitalen Information nicht nutzt, man bleibt naiv und oberflächlich wie mit der Druckerschwärze auf Papier, dem Siebdruck auf Plakaten für Litfaßsäulen, gut zu vervielfältigen, aber es fehlt jeglicher Tiefgang. Es wird nicht die Möglichkeit genutzt, auf das Publikum einzugehen, diesem individuelle optimale Zugänge zum Inhalt zu erlauben, wie es bei digitaler Information eigentlich problemlos möglich wäre.

Aus irgendeinem Grunde traut sich im internet fast jeder, sein Innerstes zu offenbaren - und was da zu Tage tritt - ob nun im Inhalt oder in der Struktur des Quelltextes - läßt leider nur allzu oft - gerade wegen der Oberflächlichkeit der Aufbereitung der Information - viel zu tief blicken. Diese offensichtliche oftmals nur technische Unkenntnis einer erdrückenden Mehrheit von Projekterstellern in jedem Bereich ist einfach nur peinlich.
Obgleich ein Format wie (X)HTML gleich allgemeine Zugänglichkeit und Barrierefreiheit eingebaut hat, bringen es inkompetente Deppen immer wieder und sehr häufig fertig, Projekte mit Layout und Design, also CSS, aber insbesondere auch java-script dermaßen zu verunstalten, daß sie unzugänglich werden, der mutmaßliche Inhalt in der Präsentation unverständlich wird, oder beim Abschalten der Interpretation von Stilvorlagen oder Skripten gar nicht mehr verfügbar ist. Hier liegt ein komplettes Mißverständnis des sinnvollen Gebrauchs solcher Sprachen vor, was dann in die unvermeidbare Katastrophe führt, ein Projekt, bei welchem Nutzergruppen unabsichtlich oder aber auch gezielt diskriminiert und ausgeschlossen werden, weil die Autoren unfähig sind, die genutzte Technik fachgerecht einzusetzen und die Formate für das, wofür sie gedacht sind, (X)HTML für den kompletten Inhalt und CSS und java-script ausschließlich für die Dekoration.
Über die Jahre scheint sich die Lage immer mehr zu verschlimmern, inkompetente Anbieter veröffentlichen immer mehr fehlerhafte, blödsinnige, unzugängliche Projekte, deren barrierefreier Inhalt gegen null geht, kurzum, sie veröffentlichen bloße Hirnwichserei.

Heißt das nun weinen, hoffen oder lachen? Ich denke, da kommt es ganz auf den Einzelnen an. Aber vielleicht darf der verständige Beobachter diese Komödien, diese Narrenstücke auch nicht zu ernst nehmen, denn es gibt viel schlimmere Offenbarungen dieser Art, die an anderer Stelle für die Menschheit viel üblere Auswirkungen haben. Opfer sind allerdings einmal wieder die, die es auch sonst schon nicht leicht im Leben haben - Behinderte, Blinde, denen das internet so viel mehr bieten könnte, wenn sie nicht durch solche Ignoranz ausgesperrt würden.
Denn (X)HTML legt nun einmal ganz absichtlich an sich nicht fest, ob der nach seiner Funktion ausgezeichnete Inhalt nun graphisch angezeigt wird, vorgelesen oder sensorisch dem Nutzer zur Kenntnis gebracht wird. Rein bildhaft arbeitende Seitenersteller, die (X)HTML falsch benutzen, stellen dies aber auf den Kopf und zeigen sich so als behindertenfeindliche, intolerante Ignoranten. Treffen tut es außerdem in der Regel noch Nutzer, die ein anderes Darstellungsprogramm als der Seitenersteller selbst benutzen oder auch nur andere Voreinstellungen am Darstellungsprogramm.
Nun ja - vielleicht sind das alles eigentlich auch gar keine Opfer. Oftmals profitieren diese scheinbar benachteiligten Nutzer gar davon, daß der Inhalt nicht oder nicht richtig angezeigt wird, denn vielfach ist der Inhalt auf solchen Seiten genau von der gleichen schlechten Qualität wie das Design, so daß die Nichtanzeige viel Zeit sparen kann. Richtig ärgerlich wird es eigentlich erst, wenn sinnvoller Inhalt miserabel präsentiert wird, was aber viel zu zu oft passiert. Die Möglichkeit, dies überhaupt selbst zu beurteilen, wird den Opfern solcher Seiten in jedem Falle genommen. Internet ist ein Medium mündiger Bürger, die selbst entscheiden wollen, was sie wie sehen, die sich ihres eigenen Verstandes bedienen wollen - selbst wenn man bei ihren unbedacht im Netz veröffentlichten Meinungsäußerungen an selbigem oft ernsthaft zweifeln mag. Die Ignoranz und Unfähigkeit von webdesignern wird zur Barriere, zur eigentlichen Behinderung.
So wird webdesign nahezu zu einem Schimpfwort.

Persönlich kann ich es natürlich nicht lassen, mich zu amüsieren und ironische Kommentare zu diesen oft unfreiwilligen Tragi-Komödien abzugeben.
Die größte Freude habe ich allerdings, wenn ich mich mal wieder selbst bei einem Unfug erwische und ihn beseitigen kann...