Über mich

Dr. O. Hoffmann

Götter und die Welt

Als Kind habe ich ja noch mein Gutenachtgebet aufgesagt - aber irgendwann war ich dann alt genug und hatte gelernt, selber zu denken.
Als dann meine bescheidenen Bemühungen des Nachdenkens auf den Begriff Gott gefallen sind, schritt der Erkenntnisprozeß eigentlich recht schnell voran. Tatsächlich kann es aber Jahre dauern, um sich komplett von solchen Konzepten zu befreien, nicht nur intellektuell, sondern auch zu verinnerlichen, daß man da Hirngespinsten aufgesessen ist, die jeder Grundlage entbehren. Von daher ist niemandem vorzuwerfen, daß es schwerfällt, sich von solchen Vorstellungen konsequent zu befreien. Wenn das aber gelingt, so bietet sich ein freieres, selbstbestimmteres Bild von der Welt und dem eigenen Ich darin. Man wird offen für Argumente hinsichtlich der Wichtigkeit der experimentellen Prüfbarkeit von Hypothesen, Modellen und Weltbildern, offen Neues zu lernen und eigene Irrtümer einzugestehen und sich weiterzuentwickeln.

Religiöse Vorstellungen sind leicht als recht willkürlich zu zerpflücken, wenngleich sie auch historisch meist tief verwachsen sind in Traditionen, Überlieferungen und in grauer Vorzeit ersonnenen Geschichten. Sie halten einer experimentellen Prüfung nicht stand oder sind so angelegt, daß sie nicht prüfbar sind und damit auch eigentlich inhaltlich nicht relevant für unsere Existenz. Religiöse Vorstellungen zementieren bestimmte Vorstellungen von der Welt und blockieren damit mögliche Lernprozesse, mehr über die Welt zu erfahren, und zwar nicht durch willkürliche phantastische Geschichten, sondern ganz mühsam durch Modellbildung und experimentelle Prüfung und gegebenenfalls Widerlegung. Wer glaubt zu wissen, denkt nicht mehr über sein Wissen nach und ist somit nicht bereit, die eigenen Vorstellungen kritisch zu hinterfragen und einer experimentellen Prüfung zu unterziehen.

Die vermittelten Werte sind an sich auch recht willkürlich, aber oft doch auch für das Zusammenleben in der Gemeinschaft sehr praktisch und hilfreich. Das trifft in der Regel auch auf Werte anderer Weltanschauungen zu, die genauso verbreitet sind. Zudem gibt es keine notwendige Korrelation zwischen Ethik und Religion - das eine geht auch ohne das andere. Man sollte das in der Diskussion also nicht vermischen. Gemeinsamkeiten und saubere Trennung bei der Diskussion tritt aber meist nicht auf, wenn es um Angehörige anderer Religionen geht, die vermutlich sogar vom Grundsatz her recht ähnliche moralische Ansichten vertreten.

Es wird sich nicht einmal an die dort postulierten Werte gehalten - ist nicht zum Beispiel die Essenz von einem dieser großen Vordenker Jesus: "Seid nett zueinander"? - und das ist ja im Grunde auch der Kern vieler Religionen, Wertesysteme und Gesellschaftstheorien - nur warum halten sich so wenige daran?
Warum über Jahrhunderte immer wieder Massaker und Völkermorde, wenn man doch nett zueinander sein soll?
Es ist ja nicht notwendig, seine Mitmenschen wirklich zu lieben oder ihnen immer und überall persönlich hilfreich zur Seite zu stehen. Es würde ja schon reichen, sich nicht gegenseitig in die Pfanne oder übers Ohr zu hauen oder über die Klinge springen zu lassen. Es würde ja reichen, denen gemeinsam unter die Arme zu greifen, die wirklich nicht mehr alleine mit sich und der Welt fertigwerden. Stattdessen enden religiöse Praktiken nur allzu oft in Totschlag und Massenmord an Andersdenkenden. Statt Nettigkeit also Intoleranz und Brutalität gegenüber jenen, die anders sind oder anders denken oder auch nur als anders definiert werden.

Nehmen wir als ein Beispiel den Mohammed des Islams. Dieser war ja auch nicht gerade kleinlich und hat intolerant und rücksichtslos zum Bildersturm und Göttersturz aufgehetzt, nachdem man ihn wohl zuvor als missionierende Nervensäge aus der Stadt geworfen hat. Seine heiligen Kriege, mit denen er seine Mitbürger überzog, aus recht durchsichtigen Gründen, sind nun ein Musterstück religiös motivierter oder kaschierter Intoleranz und der Aufhetzung zum Massaker unter dem Vorwand irgendeinem einzigen Gott zu dienen, der angeblich irgendetwas offenbart hat, was natürlich eher ein Hinweis auf Halluzinationen ist, ob diese nun durch Sonnenstich, Fasten in feuchten Höhlen oder dem Genuß psychoaktiver Substanzen hervorgerufen wurden, hat er allerdings nicht so einfach zugeben mögen. Auch hier ist natürlich nichts Neues zu finden, nur die alten Tricks, Religion und Monotheismus gezielt zu nutzen, um eigene Ideen unters Volk zu bringen und Gegner rücksichtslos unter die Erde zu bringen.

Religion braucht auch nicht eindeutig einen Gott, um Unheil anzurichten, auch das ist klar. Schaut man sich etwa das Beispiel Adolf Hitler an, so wurde diesem mit seinem Wahn gottgleich oder wenigstens als Prophet seiner Ideologie eben eine religiöse Verehrung zuteil. Rücksichtslos hat dieser für seinen Wahn Millionen in den Tod geschickt oder schicken lassen, rücksichtslos hat er Millionen gezielt wie Ungeziefer vernichten lassen, die nicht zu seinen Vorstellungen und seiner Ideologie gepaßt haben. Ein Musterbeispiel religiös ausgeübten Massenwahns mit katastrophalen Folgen nicht nur für die Mitglieder der Nazi-Gemeinschaft, sondern auch für Millionen anderer Menschen, die diesem Wahn zum Opfer gefallen sind. Und man muß klar sagen, wenn diese Ideologie nicht gestoppt worden wäre, so hätte sich daraus eine religionsartige Struktur entwickelt, in welcher man auch Adolf Hitler als heiligen Propheten und Visionär verehrt hätte. Schon zu seinen Lebzeiten hatte die Nazi-Gemeinschaft ja bereits religiöse Rituale und Aufmärsche eingeführt, um diese Ideologie als neue Religion zu etablieren.

Wenig göttlich erscheint heute etwa auch Josef Stalin, auch dieser hat als Prophet seiner Ideologie Millionen in den Tod geschickt oder ermorden lassen, weil sie nicht so recht zu dem passen wollten, was ihm in den Kram paßte. Auch hier hatten sich bereits wieder religiöse Strukturen zu etablieren begonnen, bei denen sich einige Figuren als Propheten, Heilige oder Götter der Ideologie etabliert hätten, welche man in religiösen Ritualen verehrt hätte - und wenn man auf das heutige Russland guckt, so kann man feststellen, so ganz überstanden ist die Gefahr immer noch nicht.

Die Liste ließe sich fortsetzen, viele haben versucht, Ideologien und Religionen zu etablieren, um ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen, Menschen mit anderen Ansichten zu vernichten und nicht zuletzt als gottgleiche Figuren verehrt zu werden. Um dies zu erreichen, waren mehr oder weniger alle Mittel recht. Ob man dazu nun Götter und eine Religion erst neu erfinden mußte oder eine bereits bestehende instrumentalisiert hat, ihre Bedeutung im eigenen Sinne manipuliert hat, die Deutungshoheit in Anspruch genommen hat, gleichviel, die Ziele sind meist immer ähnlich: Erlangung und Erhaltung von Macht und das Diskriminieren und Vernichten von Gegnern und Andersgläubigen.

Zurück zum "Seid nett zueinander" und dessen Vertretern: Die Nächstenliebe - das klappt schon seit Jahrtausenden nicht so richtig - schade ist das - die Vorstellung eines Gottes wäre dabei nur insofern hilfreich, wenn das bei den Anhängern solche Werte und Vorstellungen unterstützen würde.
Oft ist es ja aber gerade so, daß solch eine Vorstellung von einem Gott eben doch gerade scheinbare Unterschiede entstehen läßt, die zum Haß auf andere führen und zur Rechtfertigung von absurder Gewalt. Der Homo Sapiens zeigt hier immer wieder überzeugend, daß er von dieser Weisheit seiner Vordenker noch weit entfernt ist - die meisten dieser Propheten hätten sich wohl kaum gegenseitig die Köpfe eingeschlagen. Vermutlich gibt es ja auch deswegen so viele verschiedene Religionen und Weltanschauungen, die sich betont gegeneinander abgrenzen, gerade weil sich die Anhänger nicht an die Essenz ihrer Theorien halten und nicht intelligent genug sind, um eigenständig nachzuvollziehen, was ihnen da einmal vorgedacht wurde. Dann aber bleiben diese Modelle nur leere, sinnlose Hüllen.

Ich glaube wirklich nicht daran, daß das Universum von sich aus zu etwas gut ist, das Leben an sich einen Sinn hat. Was jemand selbst in seinem Leben macht und sinnvoll findet - das ist letztlich das Maß der Dinge, welches nicht von außen vorgegeben werden kann - das ist letztlich eine willkürliche Wahl.
Und warum sollte jemand sein Leben und das seiner Bekannten, Freunde und Mitmenschen nicht sinnerfüllen können, wenn es auch ein willkürlicher Sinn ist? Ist es denn so bedrohlich, daß man selber denken muß, um einen Sinn festzulegen? Ja, wenn wir noch einmal auf den historischen Vordenker Jesus zurückkommen, so war es ein weiteres seiner zentralen Anliegen, die Leute zum Selberdenken zu bringen - wie konnte das nur über die Jahrhunderte derart in Vergessenheit geraten? Warum diesen Mann als angeblichen Sonn Gottes zu einer lächerlichen Karikatur machen statt ihn ernstzunehmen?

Warum nicht aus eigenem Willen heraus ein netter Mensch sein, anstatt daran zu glauben, daß irgendein Gott das total toll findet - ist es nicht genauso wahrscheinlich, daß es stattdessen einen Gott gibt, der all die Werte für verwerflich hält, die sich die Menschen da so zurechtgelegt haben? Es ist schier unmöglich, allen Möglichkeiten gerecht zu werden, darum ist es natürlich Unfug, sich eine hypothetische Gestalt wie einen Gott auszudenken und dem irgendwelche Eigenschaften zuzuordnen und dann daran zu glauben, daß das etwas mit der Realität zu tun hat. Wenn die Eigenschaften nicht nachmeßbar sind, die angenommen werden, könnte ja auch gerade die gegenteiligen Eigenschaften zutreffen.

Anzahl

Auch die Anzahl der Götter ist ja besonders für Monotheisten ein immer wieder aufkochendes Thema. Wobei diese meist selbst nicht so recht konsequent sind, wenn man genauer hinsieht.

Der ägyptische Pharao Echnaton hat es ja mal mit einem einzigen Gott versucht, obwohl ihm natürlich klar gewesen sein muß, daß seine Zeit- und Volksgenossen ganz andere Ansichten mit mehreren Göttern hatten. So hat auch dieser wohl nur angeordnet, sich fortan nur noch um einen Gott zu kümmern, weder vermochte er die anderen wohl überzeugend wegzuargumentieren noch letztlich von seinem einzigen zu überzeugen. Genauer ging es bei ihm wohl zunächst auch eher um eine Triade von Schöpfergöttern, erst später konzentrierte man sich dann mehr auf einen Sonnengott, vermutlich auch unter dem Einfluß der Hethiter, die eine Sonnengöttin als eine Hauptgöttin hatten, daneben gab es bei den Hethitern einen Wettergott als ihren Partner und weiteren Hauptgott, dazu aber zahlreichen weiteren Kleinkram an Göttlichkeiten.

Das Volk, aus welchem später die abrahamitischen Religionen hervorgegangen sind, geht ebenfalls zunächst von mehreren Göttern aus, man wählte erst später irgendeinen einen aus und konzentrierte sich auf diesen. So steht auch im Alten Testament der Bibel nirgends, daß es nur einen gibt, der dort behandelte Gott verlangt von seinen Anhängern nur recht egoistisch und egozentrisch eine exklusive Huldigung. Man verurteilt erst Jahrhunderte nach Entstehung dieser Gesellschaft die Verehrung anderer Götter scharf und formuliert Texte offenbar um, um nachträglich einen monotheistischen Eindruck zu erwecken, tilgt allerdings offenbar nicht alle kritischen Passagen aus den älteren Überlieferungen. In der Forderung der angeblichen Gottheit auf Exklusivität zeigt sich eher, daß nach Auffassung der Autoren dieser Texte dieser Gott offenbar gegenüber seinen Anhängern sehr dominant oder besitzergreifend wie ein Monarch mit seinen Untertanen auftritt, aggressiv und eifersüchtig auf die Verehrung anderer Götter reagiert. Charakterlich ist es also eher keine Persönlichkeit, die zum späteren christlichen Motto der Nächstenliebe sehr gut paßt. Und auch zu unserer heutigen Auffassung von angemessenen Gesellschaftsformen paßt das nicht besonders. Etwa hat Demokratie nichts mit solch einem monarchischen Gott zu tun, da müssen die Menschen schon selber miteinander klarkommen, um etwas zu erreichen, ohne Vorturner, der nicht hinterfragt werden darf.

Die in einigen christlichen Religionsgemeinschaften vertretene Meinung von der Dreifaltigkeit oder gar Vierfaltigkeit - Gottvater, Gottsohn, Heiliger Geist, Gottmutter - deutet eher an, daß hier ebenfalls klar polytheistische Tendenzen vorliegen, wenngleich man dies auch immer wieder wegzuargumentieren versucht.

Und der Mohammed hat wohl ursprünglich auch ein paar weitere Götter gelten lassen, was man ihm später in der von ihm gestifteten Religionsgemeinschaft wohl als 'Teufelszeug' ankreidete - Anhänger können natürlich auch gegenüber ihrem eigenen Propheten kritisch und ungläubig werden, wenn ihnen in Teilen nicht paßt, was dieser von sich gibt, das wird dann einfach im Nachhinein passend hingebogen. Tatsächlich spiegelte das Konzept mehrerer Götter aber nur wider, was zu seiner Zeit eben in Mekka üblich war, man hatte eben mehrere Götter zur Auswahl - und er hat sich eben irgendeinen davon als Hauptgott ausgesucht, ohne sich komplett von dem alten Konzept lösen zu können, was Jahre oder Jahrzehnte dauern kann.
Lustig ist hier auch, daß die gleiche Religionsgemeinschaft auch mit voller Inbrunst einen Stein (Meteorit?) religiös verehrt, was offenbar auf einen vorislamischen Steinkult zurückgeht, den man einfach übernommen hat.
Von daher ist es wohl auch hier nur ein Gerücht, daß es sich um eine monotheistische Religion handelt, weder ihr Prophet noch das Verhalten der Anhänger lassen dies vermuten.
Wenn es sich bei dem erwähnten Stein um einen Meteorit handeln sollte, hätte die Verehrung doch zumindest etwas Substanz, gemäß neuerer wissenschaftlicher Hypothesen haben Meteoriten und Kometen in der Frühzeit der Erde nicht nur Wasser, sondern auch reichlich organisches Material zur Erde gebracht, haben somit entscheidend zur Entstehung oder Entwicklung des Lebens auf der Erde beitragen könnten.
Da der genannte Stein aber nie wissenschaftlich untersucht wurde, kann man nicht sagen, ob dieser eine relevante Rolle spielt, vermutlich wäre er als Meteorit ohnehin erst später eingeschlagen, also lange nachdem das Leben bereits entstanden ist, sonst hätten man ihn vermutlich nicht als göttlichen Ursprungs zu verehren begonnen - irgendjemand wird da ja einmal eine Assoziation vorgenommen haben, etwas weil das Teil aus dem All in der Nähe eingeschlagen ist.

Monotheistische Religionen sind in ihrem Kern also eigentlich gar nicht monotheistisch, eventuell ist gerade dieser innere Konflikt zwischen späterem Anspruch und profaner historischer Herkunft Ursache für die Aggressivität gegenüber anderen Vorstellungen.
Polytheisten glauben dann ja eher recht entspannt an mehr als einen Gott und haben meist weniger Probleme damit, wenn noch dieser oder jener mehr auftaucht oder auch andere was zu sagen haben. Aber man muß natürlich sagen - auch diese finden Gründe, sich mit anderen in die Haare zu kriegen, auch diese finden Gründe für Massaker in ihrer Interpretation von Religion und Gott.

Bei solch Polytheisten kommt es dann ja auch schon mal vor, daß dieser oder jener Gott mit Menschen Halbgötter zeugt - der Unterschied wird also aufgeweicht, eine Vorstellung, die dann ja auch die Autoren des Neuen Testamentes in gewisser Weise wieder aufnehmen, von daher auch da nichts wirklich Neues. Diese Geschichten, wo Götter mit Menschen herummachen und Nachwuchs zeugen, stellt die Götter letztlich auf eine Stufe mit den Menschen. Da ist es eigentlich nur ein kleiner Schritt zu der an sich recht einfachen Idee, daß nicht etwa die Götter die Welt und die Menschen erschafften haben, sondern umgekehrt die Menschen die Götter - in welcher Anzahl auch immer.

Mal abgesehen von solchen Halbgöttern ist es bei der Anzahl von Göttern eher üblich, bei nicht negativen, ganzen Zahlen zu bleiben - warum eigentlich, wenn schon, dann nicht π oder e Götter oder minus zweite Wurzel aus 13?

Da scheint mir jedenfalls noch viel Raum zu sein, seine wilden Phantasien auszuleben, wenn man dann schon von der Anzahl 0 abweichen will, die als einzige eine gewisse Sonderstellung einnimmt, weil dabei das Weltbild allein mit dem auskommen muß, was man so herausfinden und überprüfen, gegebenenfalls widerlegen kann und nicht mit wilden Spekulationen.

0 ist mathematisch das neutrale Element der Addition, fügt man 0 Götter zu irgendwas hinzu, ändert sich nichts. 1 ist mathematisch das neutrale Element der Multiplikation. In der Praxis multipliziert man aber wohl keine Götter. Die Reduktion auf einen Gott ist also ein eher minimalistischer Theismus, resultierend vielleicht auch aus einem Mangel an Vorstellungskraft und Phantasie, sich einfach mal ein paar mehr von diesen Göttern auszudenken.
Im Grunde sind die Monotheisten die historisch inkonsequentesten unter den Theisten, zwar haben sie begonnen, mit den vielfältigen Hirngespinsten aufzuräumen, trauen sich dann aber nicht den letzten, konsequenten Schritt zu tun und das ganze Konzept von Göttern als Hirngespinst abzutun. Die Idee, daß nun ausgerechnet der von ihnen als einziges ausgewählte Gott der richtige sei, um sie vor dem Zorn all der abgeschafften anderen Götter zu bewahren, ist natürlich reine naive Willkür, zumal ja auch andere Monotheisten ganz offenbar eine andere Wahl getroffen haben, beziehungsweise man sich nicht darüber einig ist, ob es sich beim dann verbleibenden um ein und denselben handelt oder nicht. Indessen - natürlich kann man sich sicher sein, daß es sich um ganz verschiedene Vorstellungen handelt. Jeder, der an soetwas wie Götter glaubt, hat davon ganz individuelle Vorstellungen in seinem Kopf, die sich natürlich von dem unterscheiden, was in allen anderen Köpfen vor sich geht. Jeder erschafft seine eigenen Götter selbst, egal in welcher Anzahl.
Phantasie und Vorstellungskraft des menschlichen Verstandes sind nun einmal begrenzt, statistisch ist es also plausibel, daß es bei den Zahlen 0 und 1 eine Häufung gibt, mehr steckt aber wohl auch nicht dahinter. Kaum jemand glaubt also wohl an zum Beispiel die Zahl von iπe Götter oder dergleichen, da scheitert einfach die Vorstellungskraft des oft nur schlichten theistischen Geistes. Mehr steckt nicht hinter der Zahlenmystik und dem Monotheismus als naive Willkür und mangelnde Phantasie, gleichzeitig aber die fehlende Einsicht in die selbstgestrickten göttlichen Phantasien.
Zudem ist es natürlich viel einfacher, einem Propheten oder sonstigem Vorturner nachzuplappern, statt selbst zu denken. Ferner dienen Religion und Ideologie klar der Gruppenbildung, um sich von anderen abzugrenzen, um sie besser als echte oder vermeintliche Gegner mißachten und verfolgen zu können.

Religion und Kino

Viele Leute haben Hemmungen, frei über Religion nachzudenken oder sie in Zweifel zu ziehen, zu relativieren, besonders wenn es sich um ihre eigene handelt - gerade das in Zweifel zu ziehen, was gemeinhin geglaubt aber nicht gewußt wird, ist aber eine Grundvoraussetzung, um zu verstehen, um einen eigenen Standpunkt zu erarbeiten.

Um dies zu vereinfachen, gucken wir uns einfach die vielen Gemeinsamkeiten an, die Religion und Kino haben, um freier unsere Schlüsse zu ziehen - was uns beim Kino absurd erscheint, sollten wir auch bei Religion nicht einfach so hinnehmen.

  1. Wenn einem ein Film gefallen hat, muß man sich nicht verpflichtet fühlen, das ganze Kino zu kaufen.
  2. Es gibt andere Kinos mit ähnlichen Filmen. Früher oder später kommen die Filme auch auf Video oder DVD heraus oder man kann sie sich im Fernsehen angucken.
  3. Viele Filme sind sinnlos, nutzlos oder gar gefährlich, spiegeln die Obsessionen des Autors oder Regisseurs wider, welcher auch das Drehbuch nicht verstanden haben muß.
  4. Gezeigt wird immer eine Fiktion, resultierend aus der subjektiven Perspektive der Filmemacher
  5. Wenngleich einige Aussagen ganz hilfreich für die Lebensbewältigung sind, darf man nicht alles für bare Münze nehmen, was im Kino läuft. Die Realität ist anders. Selberdenken wird nicht durch Kino ersetzt, obwohl dies zeitweise ganz entspannend sein mag. Ein Film erzählt eine einfache Geschichte. Die spektakulären Szenen basieren auf Spezialeffekten, Tricks, die teils mit hohem Aufwand realisiert wurden und so im wirklichen Leben nicht vorkommen.
  6. Für einen Kinobesuch muß gezahlt werden. Freier Eintritt ist ein Werbetrick.
  7. Der Werbeblock gehört nicht zum Film, weder muß man ihn ansehen, noch seinen Botschaften glauben schenken.
  8. Nachdem der Film gelaufen ist, kann das Kino verlassen werden.
  9. Es gibt immer wieder neue mehr oder weniger unterhaltsame Filme zum gleichen Themenbereich.
  10. Niemand sollte zum Kinobesuch gezwungen werden. Es gibt Wichtigeres und man kommt auch gut ohne zurecht.
  11. Was gezeigt wird, entscheiden andere. Was angesehen wird, entscheidet jeder selbst.
  12. Geschmäcker sind verschieden, daher ist es nicht angemessen, andere zu nötigen, einen bestimmten Film anzugucken oder überhaupt ins Kino zu gehen. Es ist auch nicht angemessen, Leuten den Schädel einzuschlagen, denen jener Film nicht gefallen hat oder gleichgültig ist, der einem selbst am besten gefallen hat.

Religion und Wissenschaft

Während bei der Wissenschaft der zentrale Punkt ist, daß Behauptungen überprüfbar und gegebenenfalls widerlegbar sein müssen - prinzipiell von jedem, der wenigstens genug Verständnis und Mittel dazu hat, ist diese naheliegende Herangehensweise in einer Religion nicht vermittelbar oder anwendbar - sonst gäbe es keine der heute gängigen Religionen.

Bei einer Religion - sofern sie Bestand haben soll - sollten Hypothesen keinesfalls jemals hinterfragbar, überprüfbar oder gar widerlegbar sein, sonst würde das ja dem Glauben die Grundlage entziehen. Daher wird Religion und das Verständnis von Begriffen wie 'Gott' heute von verständigen und gebildeten Leuten auch immer vorsichtiger formuliert, um die Grundlage der Religion der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit zu entziehen. Es wird also nur erklärt und behauptet, aber nicht geprüft.

Eine geschickt formulierte Religion kann eigentlich über Jahrzehnte oder Jahrhunderte unverändert bleiben, sofern sie keine prüfbaren Aussagen macht. Allerdings haben sich in dieser Hinsicht die gängigen Religionen nie als geschickt formuliert erwiesen.
Und eine Konstruktion ist praktisch nicht wirklich alltagstauglich und relevant, die keine hinterfragbaren Aussagen über die uns umgebende Realität macht. Sie kann psychisch zwar großen Einfluß auf Leben und Verhalten des Gläubigen haben, hat aber keinen Einfluß darauf, wie das erklärbar ist, was passiert und was sich daraus ergibt.
Macht die Konstruktion Aussagen über die uns umgebende Realität, so ist sie auch prüfbar und gegebenenfalls widerlegbar. Religiöse oder weltanschauliche Ansichten haben sicher großen Einfluß darauf, was die Leute tun, aber nicht darauf, wie das funktioniert, was sie tun.

Wissenschaftliche oder überprüfbare Konstruktionen sind meist zwangsläufig nicht so langlebig. Wie die Erfahrung zeigt, muß eigentlich nur genau genug gemessen werden, um die Grenzen der Genauigkeit von Hypothesen zu erreichen, was dann neue, verfeinerte Modelle erfordert, um die neuen Erkenntnisse genauer zu beschreiben.

Wenn es nicht so gefährlich für andere wäre, könnte das Verhalten von einigen religiösen Fanatikern auch geradezu als lächerlich angesehen werden, die ihre widerlegten und unplausiblen religiösen Ansichten gerade mit technischen Produkten zu verbreiten suchen oder mit hochtechnischen Waffen durchsetzen wollen. Nun, wie immer man auch zu solchen Waffen steht - all dies gäbe es nicht, wenn der wissenschaftliche Ansatz nicht praktisch funktionieren würde. Sowas funktioniert, weil Hypothesen gegebenenfalls widerlegbar sind und weil die technischen Produkte auf solchen Hypothesen beruhen. Technik beruht immer darauf, daß eine Prognose abgegeben werden kann, wie das Produkt später reagieren wird - und das muß genau genug und lange genug funktionieren, um das Produkt erfolgreich verkaufen zu können. Die Produkte werden im Grunde verbessert durch eine Verfeinerung der Hypothese, der Prognose, der Überprüfung der Hypothese ihrer Funktion. Das alles ist reproduzierbar, prüfbar, unabhängig von jedwedem Glauben. Alles was uns an Hochtechnologie umgibt, ist ein Beleg dafür, daß Wissenschaft funktioniert. Dies einerseits als religiöser Fanatiker zu leugnen oder zu ignorieren, diese Produkte aber andererseits zu nutzen, um andere zu belästigen oder gar zu ermorden, zeigt die Dummheit solch fanatischer Ansätze, die ihre Hypothesen bereits mit den Mitteln widerlegen, die sie verwenden, um ihre Meinungen durchsetzen zu wollen.