Die Nacht des Tamot

Eine Kurzgeschichte

von Olaf Hoffmann

Es war die Nacht des Tamot, es war eiskalt und Nebel legte sich um die Kehle des durch die Dunkelheit Eilenden, und sie kamen zu mir: siebzehn grosse, hagere Gestalten mit schwarzen, ueber den Boden schleifenden Kutten und tief heruntergezogenen Kapuzen, so dass ich anstelle ihrer Gesichter nur pechschwarze Nacht sehen konnte. Die Aermel der Kutten waren so lang, dass ich auch dort nichts von ihnen erkennen konnte.

Mitten in der Nacht hielten sie mich auf der Strasse an, und als sie mich ansahen, leuchteten unter den Kapuzen je zwei Kohlenstuecke gleich Augen hervor. Einer trat zu mir heran und fragte mich mit hohler, schneidender Stimme wie aus einer anderen Welt, ob ich der Auserwaehlte sei. Ich stimmte zu, und so nahmen sie mich mit.

Es war die Nacht des Tamot, und ich wurde vor den Rat der Sieben gebracht. Sieben finstere Wesen, nur zu erkennen durch die voellige Abwesenheit von etwas dort wo sie waren, lediglich von wenigen unruhig flackernden Fackeln in einer feuchten und kalten Hoehle beleuchtet.

Ihre Frage hallte nur durch meinen Kopf, ob ich der Auserwaehlte sei. Sicher und mit fester Stimme versichere ich dies abermals und werde vor das Tribunal der eingeweihten nichtseienden Seienden gefuehrt.

Es war die Nacht des Tamot, und ich erklaerte den dreien:

si duo faciunt idem non est idem!

Das Ganze sei doch mystischer Firlefanz, und ich, der Auserwaehlte, sagte ihnen, da die Nacht des Tamot nie gewesen sei und auch nicht mehr kommen werde, und die drei nickten, und von da an gab es nie wieder eine Nacht des Tamot, noch hatte es sie je gegeben, und ich finde mich auf der Strasse wieder in eiskalter Nacht, und Nebel legte sich um meine Kehle. Ich schnupfte einmal und eilte weiter die einsame Strae entlang...

Jetzt war ich der Tamot, und mein Lachen klang durch die Strasse, als kaeme es aus einer anderen Welt...