Dr. O. Hoffmann
Streuexperimente haben schon seit den Anfängen der Atomphysik entscheidend
zum Verständnis elementarer Prozesse beigetragen. Rutherfords Streuexperiment
(1911) stand praktisch am Anfang der Quantenmechanik. So ist es nicht erstaunlich,
daß Streuexperimente auch heute zu den erfolgreichsten Werkzeugen zur
detaillierten Untersuchung von Wechselwirkungen gehören.
Stoßprozesse bestimmen die Dynamik unserer Umwelt, sie sind allgegenwärtig:
in der Atmosphäre, in Plasmen, bei chemischen Reaktionen, bei der Entstehung
von Atomen, Molekülen, Clustern und Festkörpern.
Stoßprozesse werden üblicherweise mit indirekten Methoden untersucht. Bei einem idealen Experiment dieses Types werden die Stoßpartner vor dem Stoß eindeutig in einem einzigen Zustand präpariert und nach dem Stoßprozeß zustandsselektiv analysiert. Aus den Meßergebnissen solcher Experimente werden dann Rückschlüsse auf den eigentlichen Stoßprozeß gezogen.
Das Problem, Informationen über atomare Stoßprozesse direkt zugänglich zu machen, ist damit nicht gelöst, die betrachteten Meßgrößen sind recht abstrakt und haben nur mittelbar etwas mit dem eigentlichen Objekt des Interesses zu tun: Dem Stoßprozeß.
Einen ganz anderen Zugang zur Erforschung des Aufbaus und der Wechselwirkung von
Atomen und Molekülen bietet die Spektroskopie.
Stoßprozesse betreffend
bietet die Spektroskopie der Stoßverbreiterung der Spektrallinien von
Atomen und Molekülen dem klassischen Streuexperiment gegenüber ganz neue
Möglichkeiten. Mit diesem Werkzeug wird direkt in den Stoßprozeß
eingegriffen, um diesen zu untersuchen oder zu manipulieren.
Diese Untersuchungen
finden jedoch weitgehend in statistischen Ensembles statt, so daß die
experimentellen Ergebnisse über viele Freiheitsgrade gemittelt sind und somit
recht undifferenzierte Informationen über den eigentlichen Stoßprozeß
darstellen.
In der Literatur übliche Bezeichungen für diese Gruppe von verwandten
Experimenten sind zum Beispiel optische Anregung von Stoßpaaren (optical excitation
of collision pairs), optische Stöße (optical collisions),
Linienflügelanregung (far wing excitation), Laserinduzierte Stoßprozesse,
Photoneninduzierte Stoßprozesse, Druckverbreiterung von Spektrallinien.
Optische Stöße werden seit etwa den siebziger Jahren erfolgreich
zur Untersuchung von Molekülpotentialen und nichtadiabatischen Wechselwirkungen
angewendet.
Erst die Kombination des Streuexperimentes mit der Methode der optischen Stöße bietet die Möglichkeit der direkten Beobachtung von Stoßprozessen. Bei den hier beschriebenen Experimenten ist gerade dieses realisiert, um einen detaillierteren direkten Einblick in den Streuprozeß zu erhalten. Um dieses zu erreichen, werden im thermischen Energiebereich (Erd-)Alkali-Edelgas oder Alkali-Molekül Stoßpaare in gekreuzten Teilchenstrahlen während des Stoßes mit einem Laser angeregt und die Alkali-Atome differentiell nachgewiesen.
Neben anderen Dingen ist eine Erklärung dieser Experimente für den Laien derzeit zu finden in der internet-Stadt funcity unter dem Spitznamen collider.